Sonntag, 20. Mai 2007

Halbzeit und noch kein Bisschen langweilig – im Sommerpalast

Der Sommerpalast oder Yiheyuan ist nicht nur eine der schönsten Parkanlagen Pekings, sondern wohl eine der berühmtesten Chinas überhaupt. Es ist eine (zu dieser Jahreszeit besonders prächige) klassisch chinesische Parkanlage.





Für mich fast unvorstellbar faszinierend: Das ganze Gelände, sogar der Kunmingsee wie auch der Berg der Langlebigkeit, wurden künstlich angelegt!



Seit 1998 gehört der wunderschöne Park zu den UNESCO Weltkulturerbe. Er wurde aufgenommen als "outstanding expression of the creative art of Chinese landscape garden design, incorporating the works of humankind and nature in a harmonious whole." Dem kann ich nur zustimmen, der Park ist grossartig!


Am Samstag Mittag wurden wir Zeugen eines seltenen Naturphänomens: Um die Sonne hatte es einen Kreis.

Im wunderschönen Pagodenwald beim Tanzhe-Tempel in Peking.

Jipeeee, jetzt werde ich reich...

Halbzeit und noch kein Bisschen langweilig - im Konzert

Meint nur nicht, mir sei der Gesprächsstoff ausgegangen jetzt in der Halbzeit meines Aufenthalts. Dies wäre weit gefehlt! Viel eher frage ich mich nämlich, wo die Zeit geblieben ist. Ich stelle mit Verwunderung fest, dass ich auch nach drei Monaten vieles noch nicht gesehen habe, obwohl ich nun wirklich ständig unterwegs bin. Doch ich freue mich auch darüber. Die nächsten drei Monate drohen also nicht langweilig zu werden...

In letzter Zeit habe ich ein paar Konzerte besucht, hier auf dem Universitätscampus der Beida. Das Angebot ist gross und bisher hatte ich sogar das Glück, von Mitwirkenden Studenten direkt Freitickets zu bekommen. Die Darbietungen waren sehr unterschiedlich, meist Gemeinschaftskonzerte, von grandios bis zu fast peinlich. Wie toll die Darbietung auch war, jedes Mal bin ich mit gemischten Gefühlen hinausgegangen. Wegen der Atmosphäre und Inszenierung des Konzertes an sich. Die westlichen Konzertkonventionen scheinen bei den Elitestudenten so gut wie noch nicht angekommen zu sein. Hier kommt man primär zum Konzert, um sich zu entspannen. Dies zeigt sich darin, dass viele Studenten mit Augenbinden schlafend in den Sesseln hängen oder auch lesen. Die meisten aber finden im Konzertsaal die optimale Musse, sich ausgiebig der Korrespondenz zu widmen. Jeder hat sein Handy im Schoss liegen und wartet gespannt auf die nächste SMS. Das würde aber alles noch gehen. Auch dass Leute oft rein und raus gehen während des Konzertes oder dass die Studentenschaft geizig umgeht mit Applaus darf mich nicht stören. Was mich aber jedes Mal völlig aus der Bahn geworfen hat ist, wie das Publikum es jeweils geschafft hat, kaum war der letzte Takt des letzten Programmpunktes verklungen, fast fluchtartig den Konzertsaal zu verlassen. So liessen sie auch den amerikanischen Strahlechor, der zuvor noch durch das gesunde Selbstbewusstsein seiner Mitwirkenden überzeugt hatte, mit langen, verdatterten Gesichtern dastehen. Ich hätte so etwas nicht für möglich gehalten, aber da kann man sich urplötzlich traurig und entwurzelt fühlen, fast ist man wütend auf die Massen, die einem das ganze Konzerterlebnis zunichte gemacht haben. Und man wird beim Hinausgehen das Gefühl nicht los, eine CD hätte es unter solchen Umständen auch getan.
Ich mag den Überlegenheits-Touch nicht, der einer solchen Wertung anhaftet. Dennoch, ich kann nicht umhin es zu sagen: Da müssen sie noch viel lernen!

Sonntag, 6. Mai 2007

Überwältigende chinesische Gastfreundschaft

Es mag mitunter schwierig sein für uns, mit Chinesen Kontakte zu knüpfen. Hat man aber einmal Freundschaft geschlossen, dann beschränkt sich diese Beziehung nicht auf zwei Leute, sondern schliesst die Verwandtschaft mit ein. So kann es kommen, dass man für einen ganzen Tag eingeladen wird, wo einem dann in aller Sorgfalt und Herzlichkeit die Wohnung und das Wohnquartier vorgeführt und die Familienmitglieder vorgestellt werden. Man wird bekocht, umsorgt und verwöhnt. Meine liebe „Tante“ hat sich gestern sogar Zeit genommen, mit meiner chinesischen Freundin und mir den Yonghegong, den grössten Lamatempel Pekings, zu besichtigen. Und natürlich bin ich mit einer ganzen Tüte chinesischer Naschereien und mit der ernst gemeinten Aufforderung, ich solle wieder kommen, zurückgekehrt.


Noch etwas hat mich beeindruckt: Ich habe mich auch ein wenig mit der 94 Jahre alten, erstaunlich fitten Taitai aus Hangzhou unterhalten. Als wir drei nach dem Essen gehen wollten und ich mich von der Grossmutter verabschiedete, da sagte die Frau zum Erstaunen aller zu mir: „Have a nice day, goodbye!“ Meiner Tante und meiner Freundin sind fast die Kinnladen runtergefallen, die alte Frau aber hat nur versonnen geblinzelt und zu verstehen gegeben, dies hätte sie damals beim Arbeiten in der Seidefabrik gelernt... Dann hat sie ein leises aber unüberhörbares „I don't know, I can't speak English“ gemurmelt und die Augen geschlossen...


Ist sie nicht süss, die Kleine...

Im Wutaishan-Gebirge

Nachdem wir genug Kohlestaub und Chemikalien eingeatmet hatten, gelangten Matthias, Jona und ich am Dienstag Morgen nach recht abenteuerlicher Fahrt beim Wutaishan an. Der Wutaishan-Gebirgszug ist der wichtigste der vier heiligen Gebirge des chinesischen Buddhismus. Drei Tage lang erholten wir uns bei kalter, frischer Bergluft und beim feierlichen Duft von Räucherstäbchen. Es war in gewisser Weise wieder eine andere Welt, in die wir eintauchten...




Es waren drei wunderbare, sehr harmonische Tage, geprägt von freudigem Touristengeplapper im Tal und feirerlicher, klösterlicher Stille in den Bergen. Den höchsten Gipfel des Gebirges, den 3058m hohe Beitaishan, der auch höchster Gipfel in Nordostchina ist, haben wir am Mittwoch erklommen. Uns hat sich eine phantastische Landschaft offenbart. Die Freundlichkeit der Mönche in den abgelegenen Monasterien hat auch beeindruckt. Unsere Wanderung durch die einsame, teils unwegsame Gegend war aber vor allem auch Einsseins mit sich, mit der Umgebung und den Mitmenschen. In eisigen Höhen, wo einem der Wind ins gerötete Gesicht peitschte und der Schnee unter den Schuhen knirschte, traten wir, nachdem uns ein Mönch wortlos die schwere Pforte zur Hauptaltarshalle geöffnet hatte, in die Halle ein, den kalten, angenehm-abgestandenen Geruch der Räucherstäbchen in der Nase, vor Kälte zitternd und mit vor Erschöpfung und Glückstaumel leuchtenden Augen.



Den Abstieg schafften wir gerade noch vor dem Schneefall und bevor es im Tal richtig zu regnen begann. Müde und glücklich lagen wir abends in unseren Betten. Und mir wurde bewusst, dass ich wieder etwas Wesentliches, ein heiliges Gebirge des chinesischen Buddhismus, erlebt hatte.

Das andere oder das echte China?! Exkursion nach Datong


Ein Drittel der Kohle, die in China abgebaut wird, stammt aus der westlich von Peking gelegenen Provinz Shanxi. Die Industriestadt Datong ist die zweitgrösste Stadt in Shanxi und gehört laut Reiseführern zu den am stärksten verschmutzten Städten Chinas. Die Umweltverschmutzung beschränkt sich aber selbstverständlich nicht auf die Stadt. Noch nie zuvor war ich durch eine Gegend gekommen, die so stark verschmutzt ist, hatte noch nie so krass sichtbare Umweltsünden gesehen. Man fährt durch weite, kargen Ebenen, die vom Kohlestaub ganz schwarz sind, oder man trifft in der Nähe von Fabriken auf giftig weisse Felder. Wasserläufe sind schwarz-schillernde, zähe Brühen, die sich träge durch die verseuchte Landschaft quälen. Dazwischen vereinzelte Menschen, die zur Aufforstung des trockenen Landes Bäume pflanzen. Um die vermüllten, trostlos wirkenden Wohnsiedlungen bewirtschaften zerschundene Bauern die staubige, unvegetative Lösserde mit Mauleseln.

Die Touristenattraktionen, die wir während unserer organisierten Tour sehen konnten, waren dafür um so prächtiger. Noch am Samstag konnten wir die Yungang-Grotten, 2001 in die Liste der UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen, bewundern. Die Anlage besteht aus 42 Grotten und weiteren 210 Nischen mit insgesamt über 51.000 Buddhastatuen, die in den dort üblichen Sandstein gearbeitet wurden.

Am Sonntag besichtigten wir das Hängende Kloster und die Holzpagode von Yingxian. Das Hängende Kloster hat mich beim ersten Anblick in seinen Bann gezogen und hat sich sogleich zu einem der faszinierendsten und beeindruckendsten Bauwerken etabliert, die ich hier in China bisher gesehen habe. Das Kloster wurde im 6. Jahrhundert entlang den Konturen einer Felswand ganz aus Holz erbaut. Es besteht aus etwa 40 kleinen Hallen und Pavillons, die auf Holzträgern ruhen und die durch Gänge, Brücken und Gehsteige miteinander verbunden sind. Die traditionelle chinesischen Architektur, die ich so mag, scheint hier wirklich zu schweben, die Felswand aber, in deren Nischen die Buddhastatuen stehen, verleihen der Leichtigkeit des Konstruktes einen wohlbalancierten, erhabenen Rückhalt.



Am Montag stand die Besichtigung einer Kohlemine auf dem Programm. Es war eine der wohl modernsten Minen überhaupt, ein Vorzeigebetrieb. Obwohl mir bewusst ist, dass es unmöglich gewesen wäre beim Kohleabbau zuzusehen, wurde ich das Gefühl nicht los, lediglich einen sichtbaren Beweis dafür erhalten zu haben, dass es dort unten im Schacht auch wirklich Kohle gibt. Weshalb wir uns dafür einkleiden mussten, als gingen wir auf Mars-Expedition, ist mir noch immer unklar.


An dieser Stelle möchte ich auf den interessanten Eintrag von Matthias aufmerksam machen:

http://beijing07.wordpress.com/