Montag, 4. Juni 2007

Mh!

Wenn ich in zwei Monaten heim komme, werde ich mit neuen Angewohnheiten auffallen: Vielleicht wird man sich wundern, wenn ich abends lieber keine Rohkost mehr essen möchte und den täglichen Reis vermisse. Sicherlich wird man mich nicht verstehen, wenn ich mir bei jedem Essen meine Essstäbchen herbeiwünsche. Wenn ich überall hin meine Wasserflasche mittrage. Wenn ich mich nicht mehr knabenmässig auf den Gepäckträger des Fahrrades schwinge, sondern im hübschen „Frauen-“ oder eben „Chinesen-“ sitz... Ah, nein, geht ja gar nicht, das ist bei uns ja sowieso verboten...

Nun sind das aber alles Dinge, die nur denen auffallen werden, die im Alltag um mich herum sind. Es gibt aber etwas, was allen auffallen wird; oder all denen, die sich mit mir unterhalten werden: Ich werde anders reden! Ich werde mich zwar nicht AUF chinesisch unterhalten, mich aber chinesisch unterhalten. Was das bedeutet? Ich werde viel weniger kurze Fragewörter wie „echt?“ „wie das?“ „wirklich?!“ verwenden, werde auch nicht mehr „aha“ sagen wenn ich etwas verstanden habe und auch kein zustimmendes „genau“ oder „ja“ mehr verlauten lassen. Viel mehr werde ich diese kurzen Wörter durch für „Daheimgebliebene“ möglicherweise etwas unfreundlich oder desinteressiert klingende Laute ersetzen. Ich werde mit einem fragenden „mh?“ oder „oh?“ meiner Verwunderung Ausdruck verleihen und werde mit einem freundlichen „mh!“ zustimmen. Als milden Ausruf wird man vielleicht ein „ai“ zu hören bekommen. Wenn ich meinen Gegenüber nach Rückfrage verstanden habe werde ich vielleicht ein engagiertes „ah, ah, ah“ von mir geben. Kurz gesagt, meine Gegenüber werden sich anfangs auf viele „mh“ und „ah's“ gefasst machen müssen. Und ich mich wohl auf einige „Christine, drück dich doch mal klar aus ... ich verstehe dich nicht mehr...“ :-)

Ich jedoch verstehe jetzt, wo mir mit einem Mal bewusst geworden ist, wie sehr ich diese chinesische Unterhaltungsart selber angenommen habe, die Chinesen viel besser. Nun weiss ich auch dass ich ein „mh!“ meines Lehrers, wenn ich einen Abschnitt zu Ende gelesen habe, keinesfalls mit einem Anflug von Enttäuschung zur Kenntnis nehmen muss, dass es auch nicht als desinteressiertes Brummen zu deuten ist, sondern im Gegenteil einem lobenden „nicht schlecht“ entspricht. Und wenn wir gerade dabei sind: „Nicht schlecht“ ist in China die nächstbessere Stufe nach „gut“. Mh?... Fast wie im Oberaargau, eigentlich...


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