Montag, 13. August 2007

Willkomm und Abschied


Nach einem zwar kurzweiligen aber wetterbedingt verzögerten Flug und einer deshalb unfreiwilligen Übernachtung in Kopenhagen, bin ich am Mittwoch Morgen wohlbehalten in Stuttgart gelandet. Obwohl mir nach einem halben Jahr China der Abschied nicht leicht gefallen ist, ist mein Lächeln auf dem Bild echt. Freude und Dankbarkeit über all das Erlebte, über all die interessanten Begegnungen und verschiedenstfarbigen Bilder in mir blitzen aus meinen Augen. An Schwierigkeiten und Knacknüssen bin ich wieder ein Stück gewachsen, aus sinologischer Sicht bin ich auch ein gutes Stück weiter gekommen. Nicht zuletzt aber war dieses vierte Semester ein unglaublich tolles, erfüllendes, in vielerlei Hinsicht sehr intensiv erlebtes und unvergessliches halbes Jahr für mich.

All meinen Studienfreunden, die sich noch immer in China aufhalten, wünsche ich weiterhin eine tolle Zeit. Denkt bei der nächsten Schale Reis, die ihr in chinesischer Gesellschaft verspeist, doch an mich! :-)

Einer Studienfreundin ganz besonders, die wie ich bereits zurück ist und ohne die dieses halbe Jahr nicht gewesen wäre wie es war, wünsche ich alles Gute beim Sich wieder Eingewöhnen.

Zuletzt aber möchte ich mich bei all meinen treuen Bloglesern ganz herzlich bedanken. Über die vielen positiven Reaktionen habe ich mich stets sehr gefreut; es war immer auch schön zu merken, dass „in der Ferne“ viele Leute an mich gedacht, mich immer wieder gar vermisst haben.

Ob ich meinen Blog hiermit und heute Abend abschliesse, weiss ich noch nicht. Ihr wisst nun ja wie es bei mir um Abschiede steht...


Samstag, 4. August 2007

Lebenszeichen

Wenn man mich heute nach meinen Schlussprüfungen fragt, dann kommt es mir vor, als müsste ich mein Hirn um die Erinnerung an eine schon ewig zurück liegenden Sache bemühen. Direkt nach Abschluss des Semesters bin ich umgezogen. Nicht irgendwo hin, sondern in das Wudaokou Viertel, seit neuerer Zeit charmantes Ausgeh- Einkaufs- Essens- und, das ist das Besondere, Koreanerviertel. Nicht zu vergleichen mit dem ruhigen, alten, behäbig-pekingerischen Wohnquartier in dem ich zuvor gewohnt habe! Hier am Wudaokou pulsiert das Leben auf der Strasse, sprüht Leben aus allen Ritzen, lacht einem das Leben aus ausgelassenen asiatischen Gesichtern entgegen. Das koreanische Flair trägt viel zu diesem Gefühl nach Ausgelassenheit und Grosszügigkeit bei.

Dann war da meine Reise nach Xi'an. Der Besuch der alten Kaiserstadt war sehr interessant. Schon bei der Ankunft hat man gespürt, dass einen da etwas anderes erwartet als in Peking. Die Menschen sind anders in Xi'an. Bei den Essensgewohnheiten lassen sich Unterschiede feststellen. Der grösste Unterschied ist aber wohl, dass sich das ehrwürdig Kaiserliche, das über der Stadt ruht, gehalten hat. Dies im Gegensatz zu Peking. Xi'an hat für mich persönlich aber auch ein weiterer grosser Abschied bedeutet.

Ich weiss, ich komme nicht mehr drumherum, das magische Wort, das ich diese Tage besonders zu verdrängen versuche, doch auszusprechen. Abschied. Noch gut zwei Tage bleiben mir hier in Peking. Dann verlasse ich China. Seit Wochen versuche ich zwar, mich langsam zu lösen von all dem hier, aber es geht nicht. Wie soll ich denn auch, wenn ich noch immer mit alltäglichen Dingen wie Stromausfall in der Wohnung durch unzugängliche, herausgeklinkte Sicherungen und dem Organisieren von Kerzen zu kämpfen habe? Wenn ich noch immer raus gehe zum Essen und damit jedes Mal wieder rein stürze ins Leben, wenn noch immer jeden Tag neue Leute kennen lerne? Wenn ich noch immer am Entdecken bin? Oder: Wenn ich es nicht übers Herz bringe, mich heute wie ausgemacht von meinem Sprachpartner zu verabschieden und stattdessen vereinbare, ihn am Montag, an meinem allerletzten Tag, gerade so wie jeden Montag und wie immer um 13 Uhr mit Heft und Bleistift auf dem Beidacampus im Café Paradiso zu treffen?! Wahrscheinlich werde ich am Dienstag zum Flughafen fahren mit dem Gefühl, eine weitere spannende Reise innerhalb Chinas anzutreten. Natürlich wird es keine weitere spannende Reise innerhalb China werden, aber eine spannende Weiterreise mit „China innerhalb“.


Samstag, 21. Juli 2007

Bambus


Die zwei wichtigsten und anspruchsvollsten Prüfungen, Klassisches Chinesisch und modernes Chinesisch schriftlich, haben wir hinter uns! Die Schlacht ist aber keineswegs schon gewonnen, es geht noch weiter. Versteht mich nicht falsch wenn ich hier von Schlacht und Sieg spreche. Natürlich wird es letztlich nur Gewinner geben, denn was wir in diesem halben Jahr hier alles gelernt haben, hätten wir in unserem gewohnten Umfeld unmöglich so lernen können. Die Prüfungen waren aber durchaus ein Kampf, bereits die intensive Vorbereitungszeit war eine Nervensache. Die Stimmung wird ziemlich angriffig gehalten, es kommt mir vor, als müssten wir gegen einen eisigen Wind ankämpfen, der uns alle droht zu Boden zu werfen und von dem wir nicht einschätzen können, woher er plötzlich kommt. Mentale Stärke ist gefragt, vielleicht sind wir auch gerade dabei zu lernen, uns nach dem Bambus-Prinzip zu verhalten: Sich einerseits nicht niederdrücken lassen, sich aber anderseits auch nicht gegen den Wind zu stemmen. Tut man ersteres, kommt man viel zu langsam oder gar nicht mehr hoch, tut man letzteres, knickt man. Also liegt die Kunst darin, sich mit dem Wind zu biegen, nur so weit und so lange wie unbedingt nötig, um sich danach wieder ganz aufrichten zu können.


Mittwoch, 11. Juli 2007

"病"

Wie eigentümlich bekannt mir das alles vorkommt! Es muss mir fast schon zyklisch erscheinen, so, als gäbe es keinen anderen natürlichen Verlaufsprozess. Ich befinde mich in der letzten Unterrichtswoche. Eine Woche vor Prüfungsbeginn. Und ich bin dabei, etwas ganz Grosses, Wichtiges und Prägendes in gewisser Weise abzuschliessen. Natürlich geht es nur darum, mein viertes Semester abzuschliessen, nichts geht in endgültiger Form zu Ende. Und dennoch, es ist ein grosses Abschiednehmen. Und wie das nun eben so ist bei mir, ich bin nicht, wie man meinen könnte und wie ich es mir wünschen würde, an der Uni in dieser allerletzten Unterrichtswoche. Stattdessen mustere ich in Gedanken versunken die in warmem weiss tadellos gestrichene Zimmerdecke über meinem Bett. Wenn diese Tage am Ende der Stunde ein letztes Mal die von einigen verhassten Anwesenheitslisten durch die Klasse gehen, dann werden die Lehrer dort, wo sonst immer die „Chrysanthemenliebende“ steht, ein „bing“, das Schriftzeichen für krank, ins Kästchen schreiben.

Wie jedes Mal wieder sinniere ich daheim nun über dieses seltsame Werteverhältnis, darüber, wie der Wert einer Unterrichtsstunde mit sich verringernder Anzahl steigt. Trotz meinem Verschmähen alles auch nur annähernd Mathematischen versuche ich mir zu überlegen, ob diese Wertezunahme nun proportional, potential oder differential :-) erfolgt. (Ich komme leider zu keiner Lösung!) Ob sich nun auch noch aufzeigen lässt, wie sehr sich der Wert der Unterrichsstunden dadurch zusätzlich steigert, dass ich nicht dabei sein kann, dies aber möchte? (Und ja, ich bin wohl wirklich krank! ;-))

Wie auch immer, drückt mir die Daumen dass ich morgen wenigstens zur allerletzten Unterrichtsstunde gehen kann. Schon einmal bin ich nachträglich ins Gruppenbild eingefügt worden...


Freitag, 6. Juli 2007

Café Paradiso

Heute habe ich meine erste Abschlussklausur geschrieben. Viertel nach drei nachmittags wurden unsere Prüfungen eingesammelt. Es ist Freitagnachmittag. Wochenende. Noch zu früh um sich auf den Heimweg zu begeben. Also ins Café Paradiso. Mit meinen zwei Kommilitonen betrete ich das Campuscafé im Untergeschoss eines grossen Unigebäudes. Angenehme Kühle weht uns entgegen, gleichzeitig steigt uns der entspannende Geruch von frisch gemahlenem Kaffee in die Nase. Wie immer läuft sanfte Hintergrundmusik; als wir reinkommen ist es tatsächlich die chinesische Liebesbalade, die ich als allererstes chinesisches Lied überhaupt zu singen gelernt habe. In dem überschaubaren Raum dominieren Holz und Brauntöne. Und das Schwarz der Haarschöpfe natürlich. Fast jedes der kleinen, quadratischen Holztischchen ist besetzt. An einigen sitzen Studenten, entweder vor dem Laptop oder umgeben von Bücherstapel. An den meisten Tischen aber sitzen mehrere Studenten, die angeregt diskutierend zu dem unaufdringlich munteren Stimmenenwirrwarr im Café beitragen. Immer wieder löst sich ein Satzfetzen aus dem Geräuschteppich und dringt ins Bewusstsein ein. Dann wieder hört man ganz bewusst hin, entweder aus Neugier oder weil das Gehirn den Reiz nicht aufnehmen kann. Ah, das war ja koreanisch... Dieses Stimmengewirr mag ich hier besonders, jedes Mal wieder wenn ich hier her komme. Wie oft wir schon hier unten waren weiss ich nicht, es lässt sich nicht mehr zählen. Die Gemütlichkeit im Studentencafé ist schon lange dem Heimischen gewichen.
Dann sitzen auch wir da mit unseren Getränken, auch unsere Stimmen gesellen sich zu all den anderen, mischen sich in das Wogen, in das Auf und Ab der Geräuschkulisse.

Bereits gibt es ein paar Gesichter, die ich vermisse, wenn ich in diesen Tagen hier her komme. Das Semester geht zu Ende. Das der koreanischen Studenten ist um, das der Chinesen grösstenteils auch, schräg gegenüber sitzen zwei Studenten in Bachelor-Tracht, ihre Hüte haben sie vor sich auf dem Tisch, so wie wir unseren Kaffee. Bald wird auch unser Studiensemester vorüber sein, drei Wochen noch. Bald werde ich zum letzen Mal so dasitzen wie heute, die Tasse vor mir auf dem Holztischchen, in ein munteres Gespräch verwickelt. Aber es wird weiterhin angeregte Gespräche geben. Und hoffentlich andere Café Paradisos.


Montag, 25. Juni 2007

DAVID JOHANN

Liebe Miriam, lieber Rolf, gerade eben habe ich erfahren dass aus „Lilly Malu“ ein DAVID JOHANN geworden ist, er ist am 24. 06. 07 geboren. Herzliche Gratulation und meine besten Wünsche!

Ist euch glücklichen Eltern auch bewusst, in was für einem tollen Jahr euer Sohn geboren wurde? Das jetzige Jahr 2007 ist nach chinesischer Astrologie ein ganz besonderes: Es steht nicht nur im Tierkreiszeichen des Schweins, sondern dieses trifft mit dem Element Gold zusammen, welches nur alle 60 Jahre wiederkehrt. Da das Schwein wie auch das Gold für Wohlstand und Reichtum stehen, verspricht dieses Jahr besonders Glück und Reichtum verheissend zu werden. Oder genauer gesagt, die in diesem Jahr geborenen haben gute Chancen, zu Reichtum und Ansehen zu gelangen und dabei glücklich zu werden. Der Glaube in diese Prophezeiung geht so weit, dass im Jahr 2006 die Schwangerschaften markant gestiegen sind in der Hoffnung, in diesem Glück verheissenden Jahr zu gebären. Da schreckte nicht einmal das Wissen um den schon bald einsetzenden, krassen Konkurrenzkampf dieses Boomjahrgangs ab...

Wie nun auch immer, ob goldenes Schwein oder nicht, ich wünsche Wohlbefinden und Gesundheit.

Dienstag, 19. Juni 2007

Charming China!

Qingdao ist weit mehr als eine einstige deutsche Kolonie an der Ostküste Chinas, als der Produktionsstandort des weltbekannten Tsingtao Biers, sogar mehr als bedeutende Tiefseehafenstadt. Qingdao ist eine Stadt mit Charme, eine Stadt, in der deutsche Stadtplanung und Bierkultur auf faszinierende Weise auf das südländische Flair von Italien trifft, wo nebst dem traditionellen chinesischen Alltagsleben immer auch ein Hauch moderner Extravaganz à la Shanghai zu spüren ist, wo die zum Meer hin abfallende Pierzone mit den renovierten Häusern im Kolonialstil an Sydney erinnert. Dennoch ist es eine riesige chinesische Stadt, ist das, was ich „das gefühlte China“ nenne, sehr präsent, überzeugt die Synthese so sehr, dass die Stadt vor Charme sprüht. Herausgeputzte Strassen, weil zu baldiger Olympiastadt hergerichtet, finden sich neben offenen Kloakekanälen, Kommerz ist auch hier allgegenwärtig, dennoch erscheint er hier für einmal ganz natürlich.

Aber nicht nur in der Stadt Qingdao scheint internationale Synthese zu funktioniern: Als Gruppe, bestehend aus Deutschen, einer in Deutschland studierenden Chinesin, Koreanern, einem in Japan aufgewachsenen Chinesen und einer.... „Deutsch-Schweizerin“ haben wir gemeinsam grossartige Tage erlebt, zusammen eine so tolle Zeit verbracht, dass wir uns morgen schon wieder sehen müssen...






Zwei Tüten Bier, bitte. Ja, take away... :-)


Warten auf den Fototermin vor der deutschen Kirche