Montag, 26. März 2007

In Peking angelangt...



Der Tian'anmen Platz ist der weltweit grösste Platz. Er soll drei Mal so gross sein wie der Rote Platz in Moskau und einer Million Menschen Platz bieten. Als Sinolgin darf ich behaupten, dass er der geschichtsträchtigste Platz überhaupt ist. Er liegt exakt im Zentrum Pekings – aus diesem Grund ist man nach meinem Empfinden erst richtig in Peking angelangt wenn man auf diesem Platz gestanden hat. Umgrenzt wird der Platz unter anderem an der Nordseite von der „Verbotene Stadt“, im Süden vom „Mao“soleum und seitlich von der Grossen Halle des Volkes und vom Nationaltheater.

Der Platz ist beeindruckend, seltsamerweise hätte ich ihn mir aber grösser vorgestellt. Interessanter als der Tian'anmen Platz selbst sind denn auch die Menschen die man dort antrifft und beobachen kann. Erstaunlicherweise trifft man nur vereinzelt auf Ausländer, sieht jedoch viele Chinesen, die extra angereist sind um sich ablichten zu lassen mit dem Portrait des grossen Vorsitzenden im Hintergrund. Strassenhändler bieten Mao-Uhren, Nachdrucke des „Roten Büchleins“ und kleine China-Flaggen an. Von den Menschenmassen geht eine sonderbare Mischung von patriotischer Ehrfurcht und alltäglicher Geschäftstüchtigkeit, von fotografischem Ernst oder Übermut, von normalem, chaotischem, pulsierendem Leben und kurzzeitig bedächtigem Abschweifen mit den Gedanken aus. Die Atmosphäre ist speziell und auch zu fremd als dass ich das, was sie irgendwo ungreifbar macht, beim Wort nennen könnte. So ist es auch mit der Stadt. Ich bin nun zwar in Peking angelangt, ich befinde mich nicht mehr einfach in irgendeiner chinesischen Stadt. Aber auch wenn ich gestern genau im Zentrum der Stadt war, wo das Herzen Pekings liegt weiss ich nicht.


Sonntag, 18. März 2007

AIMUN (Asian International Model United Nations) 2007

"The delegate from Spain motions for a moderated caucus of 5 minutes, speaking time 3 minutes each, for discussion on the topic what made the AIMUN conference such an unforgettable experience. Thank you."

Ich weiss, das klingt furchtbar hochgestochen! Es bedeutet jedoch lediglich, dass ich von meinen vergangenen 4 Tagen erzählen möchte. Der Rest sind nur Floskeln und „Rules of Procedure“. Aber beginnen wir von vorne...

Zum ersten Mal hat die Beida (Peking Universität) eine MUN (Model United Nations) Konferenz durchgeführt. Wir wurden in Tübingen darauf aufmerksam gemacht und da wir wussten, dass wir zeitgleich an der Beida sein würden, war die Uni Tübingen mit einer 13-köpfigen Delegation an der Veranstaltung vertreten. Jedem Studenten von uns wurde ein Land zugeteilt, welches wir als Diplomaten repräsentieren sollten. Zudem erhielt jeder von uns einen Sitz in einem Organ der UNO, so zum Beispiel im ASEAN, Disarmament and International Security Council, Human Rights Council, Security Council, oder UNESCO World Heritage Committee. Als Repräsentantin von Spanien sass ich als einzige Westlerin mit 20 Chinesen im UNESCO Weltkulturerbe Komitee. Die Vorbereitungen auf die vier Tage Sitzungen waren ziemlich zeitaufwändig und auch nicht immer einfach. Meine Aufgabe bestand darin, zusammen mit 2 Hongkong-Chinesinnen ein „Site Proposal“ zu erstellen, also ein Gebiet, Standort oder Bauwerk (in unserem Falle aus Nordamerika) auszusuchen, welches wir nach UN-Kriterien als weltweit „unique“ und „outstanding“ erachten. Dann mussten wir ein Proposal verfassen und eine 20-minütige Präsentation vorbereiten, bei der unsere „fellow delegates“ überzeugt werden sollten, nach ausführlicher Debatte unsere Site als Weltkulturerbe in die bestehende Liste aufzunehmen. Meine Arbeit als Diplomat bestand also im Wesentlichen darin, zu überzeugen. Einerseits in der Dreiergruppe bei meinem eigenen Proposal, anderseits auch bei der Auswertung der 6 anderen Vorschläge.

Mit grosser Begeisterung kann ich sagen, dass mir meine Rolle als Spanische Diplomatin in unserem überschaubaren Komitee, in dem jeder um so aktiver mitgestalten musste, von der ersten Minute an riesengrossen Spass gemacht hat. Wer den Filmklassiker „die 12 Geschworenen“ auch so toll findet wie ich, der mag meine Faszination für den Prozess des Hinterfragens, Debattierens, Überzeugens, Hineindenken und Konsensfindens womöglich zu verstehen. Zu all diesen wertvollen Eindrücken aus den Sitzungen im UNESCO Komitee kommen die Erfahrungen dazu von spezifisch chinesischen Gepflogenheiten wie Visitenkarten austauschen, mit Chinesen Smalltalk führen, Kontakte knüpfen und die Art, sich nach den Sitzungen zu vergnügen. Die fast kindlich-ausgelassene Lockerheit und die Begeisterungsfähigkeit der Chinesen bei den abendlichen Social Events haben mich sehr beeindruckt. Kurz gesagt, die AIMUN Konferenz war eine riesengrosse Bereicherung für uns.

Zu guter Letzt muss ich nun doch noch erwähnen dass unerwarteterweise ich ausgewählt wurde aus unserem Komitee für den „Outstanding Delegate Award“. Als bei der Closing Ceremony mein Name aufgerufen wurde, rief ein Klassenkollege vergnügt: „Sie hat die Ehre der Uni Tübingen gerettet!“ Das ist natürlich etwas übertrieben denn ich weiss, dass meine interessierten Kolleginnen und Kollegen ebenfalls sehr gute Arbeit geleistet haben. Über all die Congratulations hat sich Spanien aber dennoch gefreut...

Und wenn Spanien jetzt noch einen „point of personal privilege“ hervorbringen darf: Es ist nun etwas kalt in der Wohnung, Spanien hätte es begrüsst wenn die Heizungen am 16. März nicht ausgeschaltet worden wären in ganz Peking. Nun hofft Spanien eben auf einen baldigen, warmen Frühling.

Sonntag, 11. März 2007

Noch kurz ein paar Dinge einkaufen gehen...

Noch kurz ein paar Dinge einkaufen gehen... Dieses Vorhaben hat sich heute als unmögliches Unterfangen herausgestellt. Da ich wusste, dass sich nebst einem riesengrossen Jialefu (Carrefour) noch ein anderer Supermarkt in der Nähe unserer Wohnung befindet, wollte ich diesen heute ausprobieren. Ich brauchte ein paar Schreibwaren, einen Kalligraphiepinsel, Papier und Haargummis. Nichts aussergewöhnliches in China. Da stehe ich also als erstes vor der grossen Auswahl an Stiften, nehme mir einen Bleistift für 5 Cent aus dem Regal und lege ihn ganz automatisch in meinen Einkaufskorb. Gerade möchte ich weiter gehen, da kommt auch schon die extra für dieses Gestell zuständige Arbeitskraft auf mich zu gerannt, nimmt mir den Stift aus dem Korb, geht weg und ist, weil ich verdutzt an der selben Stelle stehen bleibe, wieder zurück. Sie kritzelt auf ihren Block und überreicht mir mit einem aufmunternden Nicken einen ausgefüllten Zettel mit zwei Durchschlägen. Auf dem Papier sind die genaue Beschreibung und Anzahl meines ausgewählten Produktes vermerkt, dazu Preis und Warencode für die Kasse. Da die Angestellte merkt, dass ich nicht weiss was ich mit all den Zetteln anfangen soll und lieber wissen möchte wo mein Bleistift geblieben ist, erklärt sie mir überdeutlich, dass ich dort drüben bei jenem Schalter Schlange stehen müsse um zu bezahlen. Das habe ich dann getan und mich über die Geduld der Pekinger beim Anstehen gewundert. Nachdem die zwei Frauen hinter der Plexiglasscheibe meine Zettel kontrolliert und den Code eingetippt, die Zettel abgestempelt und ich bezahlt hatte, versuchte ich mit dem Originalzettel und einem neuen, langen Kassenzettel, in dem grossen Warenhaus zurück zu jener Stelle zu finden, wo die Stifte liegen. Natürlich wusste ich nicht mehr welche Chinesin mich bedient hatte und ich drückte den Zettel der falschen in die Hand, aber die rief ihre Kollegin her, diese kontrollierte meine Zettel, riss den Kassenzettel in zwei Teile und rief eine dritte. Die dritte kam mit einer Plastiktüte und überreichte mir diese mit einem freundlichen „die ist für Sie“, fast so, als hätte ich gerade eben eine kleine Besonderheit eingekauft. Sie hielt mir dann extra noch einmal die Tüte auf damit ich kontrollieren konnte, dass auch wirklich die richtige Ware drin war. Da lag mein Bleistift! Zufrieden nahm ich die Tüte und ging weiter. Ich dachte schon, das mir nun doch etwas umständlich erscheinende System durchschaut zu haben und gab Acht, dass ich zwei Schulhefte wählte, die auf der Rückseite mit Warencode ausgeschildert waren. Ich wollte schon weiter gehen, da zupfte mich eine Angestellte am Ärmel, nahm mir die Hefte aus dem Einkaufskorb und.... Mit einem tiefen Seufzer musste ich daran denken, dass ich ja auch noch einen Pinsel bräuchte, Papier, einen kleinen Spiegel und eben diese Haargummis...

Mittwoch, 7. März 2007

Der Universitäts-Campus...

Heute hat uns unsere Kulturkunde-Lehrerin durch den schönsten Teil des Universitäts-Campus geführt. Der idyllisch gelegene „Namenlose See“ mit seinen alten Gebäuden am Ufer gehört, so sagt man, zu einem der schönsten Flecken Pekings. Ich freue mich schon auf den Frühling, wenn alles zu spriessen beginnt und grün wird!





Zum ersten Mal habe ich diese Art von Gebäude von innen gesehen. Ich bin total begeistert, ganz hin und weg von der mir so fremdartigen, exotisch detailverliebten Architektur, die einerseits verspielt und luftig-leicht anmutet, zugleich aber doch etwas sehr Ehrwürdig-Bodenständiges und Symmetrisch-Strenges hat.



Und dann kommt der Schlag mit dem Hammer:

Man tritt beeindruckt und glücklich verträumt aus der wunderschönen, gepflegten Anlage - undmuss seinen Weg durch eine Geröllwüste von bodeneben gewalzten Gebäude fortsetzen. Die Existenz eines so groben Kontrasts, der irgendwo wehtut, erscheint mir absolut unerklärlich. Da stehe ich und weiss nicht, ob ich den Park und das soeben besuchte Prachtgebäude nun noch schön finden soll. Eben noch war ich fasziniert von einem hervorragenden chinesischen Sinn für Ästhetik, kurz darauf wird man mit einem Anblick, der vor allem Trostlosigkeit ausspricht, alleine gelassen. Wie kann man einen so schönen Flecken Land so verschandeln? Ich verstehe es nicht...


Dienstag, 6. März 2007

Schnee und Sonnenschein...

Wie man auf dem Bild rechts erkennen kann, haben wir in Peking einen Wintereinbruch erlebt. Eine eisige Kälte hat sich über die Stadt gelegt, es liegt sogar Schnee! Die Luft ist so trocken, dass meine nach dem Waschen klitschnassen Haare nach nur einer Stunde komplett trocken sind. Dann fliegen sie nur so umher, fast jedes Haar steht einzeln vom Kopf und man ist fast froh dass die Kälte einen zwingt, eine Mütze zu tragen. Wegen der Mütze laden sich die Haare statisch auf und beim An-und Ausziehen von Mütze, Jacke und Schal knistert es nur so. Immer wieder kriegt man gehörig eine gefitzt wenn man etwas berührt. Dann, mittags, kommt die Sonne heraus und wärmt mit aller Kraft. So kräftig, dass man vergisst, wie kalt es am Morgen noch gewesen war. Fast fühlt man sich wie an einem strahlenden Wintertag in den Bergen, mit kalter, trockener Luft und intensiver Sonnenbestrahlung. Doch dann wieder sind da die Menschenmassen, das Fahrradgedränge, all die Zivilisationsgeräusche und das typische Gerüchegemisch von heissem Bratöl und Abgasen. Dann ist man wieder ganz in Peking angelangt...

Samstag, 3. März 2007

Meine neu erstandene "Chloé" Handtasche


Das obere Bild zeigt eine original Chloé Handtasche Typ Paddington, im unteren Bild hängt meine gefakte "Chloé" Tasche - an einem Haken über meinem Bett.




Eigentlich feilsche ich nicht gerne. Aber hier gehört es nun mal dazu. Es geht keinesfalls ohne zu handeln, wenn man auf einem Markt einen annähernd vernünftigen Preis bezahlen möchte.
So habe ich heute die Paddington Tasche von "Chloé" bei jedem Stand, der diese verkaufte, versucht von einem Fantasiepreis möglichst weit herunter zu handeln. Schliesslich habe ich sie für 10€ gekauft, da ich sie nicht mehr billiger bekommen hätte. Und dennoch habe ich das Gefühl, dass dieser Preis noch zu hoch war... Aber ich bin ja noch Anfänger. Und ich bin Ausländer.

Freitag, 2. März 2007

Mein erster Tag an der Peking Universität 北京大学

Donnerstag, 01.03.07

Heute war mein erster Tag an der Uni! Um pünktlich 8 Uhr begann der Unterricht. Nein, hier gibt es keine c.t. Regelung! So also wollten heute Morgen um halb sieben drei Frauen gleichzeitig in die Dusche, was aber ganz gut geklappt hat. (Schön nacheinander, natürlich!). Mit dem Morgenessen tun wir uns da schon schwerer: Cornflakes kann man vergessen, da diese wirklich extrem teuer sind. Auf süssliches, matschig-weiches Toastbrot haben wir keine grosse Lust und bisher haben wir uns noch nicht überwinden können, raus auf die Strasse zu gehen um irgendwelche Baozi, einen Reisbrei oder eine Nudelsuppe zu holen. Das werden wir in den nächsten Tagen aber bestimmt ausprobieren. Also besteht mein Frühstück zur Zeit aus Bananen, Orangen und einer ganzen Ladung süsser Datteln.

Spätestens um halb acht müssen wir unten an der Bushaltestelle stehen wenn wir eine Chance haben wollen, einen Bus zu erwischen, der uns rechtzeitig zur Beida befördert. Natürlich waren wir heute Morgen später dran und so mussten wir uns, zugegeben, das ist schon fast dekadent, mit dem Taxi an die Uni chauffieren lassen. Das Taxi kostet für diese Strecke etwa einen Euro, der Bus 10 Cent, die Anschaffung eines fahrtüchtigen Fahrrades würde etwa 9 Euro betragen. Taxis sind natürlich schon praktisch: Man ist den Abgasen nicht direkt ausgesetzt, ist im Verkehrschaos einigermassen geschützt, wird nicht zerquetscht wie in einem vollen Bus, kann sich mit dem Taxifahrer unterhalten und somit sein morgendliches Hirn auf Touren bringen und man wird direkt vor das Institut gefahren. Und doch: Es gehört sich nicht für einen Studenten, schon gar nicht für einen prolligen Westler...

Im philosophischen Institut, einem wunderbar altertümlichen, typisch chinesischen Gebäude mit Innenhof, wurde meine Klasse von einer strahlenden und hoch motivierten Lehrerin empfangen. Bis um 12 Uhr hatte ich Sprachunterricht, mündliches und schriftliches Chinesisch. Dann ging's zum ersten Mal in die Mensa. Das heisst, in eine der unzähligen Mensen auf dem grossen Campus; wir wählten die „Nudel-Mensa“. Eine chinesische Mensa haut dich um: Drinnen herrscht ein wahnsinniger Betrieb, die Auswahl ist riesig und du bekommst einen so grossen Teller Nudelsuppe, dass du ihn niemals aufessen kannst. Preis: 25 Cent! Danach wird man von einem chinesischen Studenten stolz in ein auf westlich gemachtes Kaffee geführt auf dem Campus, wo ein Tässchen Cappuccino seinen stolzen Euro oder mehr kostet. Die Spannweite bei Preisen ist sehr gross, oder anders ausgedrückt, man bekommt für sein Geld entweder unglaublich viel, oder dann gleich viel oder auch weniger als bei uns, je nach Bedürfnissen.

Von einem aufgeschlossenen Chinesen, der exzellent deutsch spricht und plötzlich wie aus dem Nichts aufgetaucht war, wurde ein kleines Grüppchen von uns nach dem Kaffee über den halben Campus geführt und wir bekamen äusserst hilfreiche Insider-Tipps. Später marschierten wir zurück in unsere Wohnung, was etwa eine knappe halbe Stunde dauert, und ich ging dann für den Unterricht des Klassischen Chinesisch um 17 Uhr wieder zur Uni. Dann probierten wir eine andere Mensa aus. Marschierten danach „nach Hause“, an all den mehr oder weniger gelangweilt herumstehenden, uniformierten Wachposten und Wachmännern, uniformierten Aufpassern und Polizisten, uniformierten Überwachern und Kontrolleuren vorbei. Passierten heimwärts hetzende Businessleute in einheitlichen Anzügen, Schulkinder in Schuluniformen, Arbeiter in gleichartiger Arbeitskleidung, Angestellte in entsprechenden Anzügen, Mädchencliquen mit gleich frisierter Haarpracht und sich wie zufällig Händchen-haltende Pärchen in Partnerlook-Jacken.

An uns brausten hunderte von Taxis vorbei, volle Busse, hupende Autos, immer wieder schwarze Audis und polierte BMW's mit seitlich dunkel getönten Scheiben, ganze Geschwader von Fahrradfahrern, die auf Anhängern die eindrücklichsten Lasten transportieren und trotzdem in einem Höllentempo und mit tadelloser Gewandtheit im funktionierenden Verkehrschaos mithalten können.

Dann betritt man sein Wohnquartier, geht wort- und fast blicklos am Portier vorbei, steigt im richtigen Gebäude in den Lift, wo Tag für Tag der gleiche Mann auf seinem Stuhl sitzt und auf den Boden starrt, man murmelt „12. Stockwerk“, worauf der Mann den entsprechenden Knopf drückt. Und dann liegt man irgendwann in seinem Zimmer auf dem Bett und ausser ein paar Feuerwerkkrachern und Raketen, die jeden Abend abgeschossen werden, und ausser die Nachbarn ab und zu, hört man nichts, herrscht absolute Ruhe. Dann liegt man plötzlich da und kann sich kaum vorstellen, dass man sich in einer solch riesigen Stadt befindet. Man empfindet es als schiere Unmöglichkeit dass eine Stadt, in der so viele Menschen beieinander leben, dass eine Stadt, die tagsüber pulsierend und lärmig ist, in der unentwegt gelacht und geredet und gehetzt und gestritten und gelernt und gearbeitet, gehandelt und gekauft, gefahren und gegessen, sich geräuspert und auf den Boden gespuckt wird, dass so eine Stadt nachts auf einmal so friedlich daliegen kann. Man muss aufstehen, aus dem Fenster schauen. Ja, da stehen sie, still und schwarz, hohe Wohnblocks und Hochhäuser, elegante, modern verglaste und alte, blockartig geduckte, durch ausserhalb hängende Airconditioners verschandelt. Auf den Strassen gehen kaum Menschen; es ist, als würde unter dem dunklen, ausgelaugten und verbrauchten Nachthimmel alles Kraft schöpfen, um am nächsten Tag in einem faszinierenden, symbiotischen Chaos von neuem zu funktionieren.