Samstag, 21. April 2007

Frühlingsfahrt durch Peking

Es ist Frühling geworden in Peking! Wunderbar! Innerhalb der letzten wenigen Tagen hat alles zu spriessen und blühen begonnen, das Gras ist grün geworden, die Bäume tragen frische Blättchen und es ist schon fast sommerlich warm, sogar abends. Die Luft ist noch immer sehr trocken und windig, Peking erscheint mir noch staubiger als sonst. Nichtsdestotrotz macht die wärmende Frühlingssonne gute Laune, fast scheint es mir, als würden auch die reservierten, beherrschten Pekinger so langsam aus ihrer Winterstarre erwachen.

Zum Frühling in Peking gehört natürlich mein Fahrrad. Ich hatte mir seit ich hergekommen bin vorgenommen, erst im Frühling ein Fahrrad zu kaufen. Viele haben mit totalem Unverständnis darauf reagiert, ich aber finds klasse! 5€ hat das rostbraune Ding gekostet, mit einem grossen, knallroten Fahrradschloss. Natürlich lässt sich der Lenker nur sehr grobmotorisch bedienen und nach einer halben Stunde Fahrt läuft man auch wieder ganz gerne ein Stück. Aber was will man mehr für 5€? Es tut seinen Zweck wie fast alles hier, auch wenn es nicht unseren Ästhetik und Komfort-Ansprüchen entspricht.

Peking hat seinen Ruf als „Königreich der Fahrräder“ schon seit einigen Jahren eingebüsst. Das Verkehrschaos ist mittlerweile zu gross, heute haben die motorisierten Fahrzeuge das Sagen. Dennoch: Wo sonst findet man an jeder grösseren Strasse Fahrradstreifen, die so breit sind wie bei uns zwei Autospuren?

Bei meiner allerersten Fahrt durch Peking habe ich dann doch etwas gespürt vom verblassten Ruf. Es war ein Uhr nachts und ich bin kreuzvergnügt durch die gewaltig breiten, leeren Strassen gegondelt, habe zum ersten Mal gemerkt wie uneben die Strassen sind und mich wieder einmal gewundert wie es möglich ist, dass eine so grosse Stadt nachts so ruhig und menschenleer sein kann. Die Perspektive wird plötzlich eine völlig andere auf dem Fahrrad, das ist interessant.

Am nächsten Tag musste ich mein Fahrrad dann erst mal in Revision geben. Meine nächtliche, exzessive Nutzung waren ihm nicht gut bekommen, es hatte eine Platte, die Bremsen hatten noch gar nie funktioniert und auch sonst musste einiges gerichtet werden. Die Revision hat genau 1€ gekostet... Schon witzig: Wenn man einkaufen geht, dann recken alle Chinesinnen die Köpfe und schauen ganz unverhohlen, was eine Westlerin alles im Einkaufskorb hat. Kommt man als Westlerin auf einem „normalen“ (Krüppel-)Fahrrad dahergegurkt, dann müssen alle Chinesen plötzlich ganz genau schauen, wie sich eine Ausländerin durch das Chaos von Autos, Fahrrädern und Passanten schlängelt. So frage ich mich, ob Fahrrad fahren hier mehr ist als das Überwinden einer geografischen Distanz. Vielleicht beginnt der Flirt hier schon beim Fahrrad fahren. Vielleicht ist auch einfach Frühling...

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